Die meisten Menschen, die eine berufliche Auszeit in Erwägung ziehen und ein Sabbatjahr planen, stehen früher oder später immer vor einer ganz speziellen Frage: Was fange ich mit all der freien Zeit an? Viele entscheiden sich schnell – beispielsweise fürs Reisen oder die Verwirklichung eines persönlichen Traums. Andere hingegen überlegen länger und kommen irgendwann an den Punkt, etwas „zurück geben zu wollen“. Ein Sabbatjahr ist in der Tat die perfekte Gelegenheit, um sich sozial einzubringen beziehungsweise ehrenamtlich zu engagieren – und zwar sowohl im In- als auch im Ausland. Hinter dem sogenannten Social Sabbatical – dem sozialen Sabbatjahr – verbergen sich unzählige Möglichkeiten. Um Ihnen die Entscheidung zu erleichtern, möchten wir Ihnen die beliebtesten in diesem Beitrag einmal vorstellen.
Der Wunsch, während der Auszeit etwas Gutes zu tun
Jeder, der sich für ein Social Sabbatical interessiert, hat den grundlegenden Wunsch, seinen Beitrag für eine bessere Gesellschaft zu leisten. Was im ersten Moment recht einfach klingt, ist in Wirklichkeit jedoch extrem differenziert zu betrachten. Ein soziales Sabbatjahr bietet Ihnen nämlich schier unendlich viele Möglichkeiten der konkreten Umsetzung. Ehrenamtliches Engagement, Freiwilligenarbeit und Entwicklungshilfe sind nur die drei bekanntesten und die Spitze des Eisbergs.
Deutschland – Land der Ehrenämter
Statistiken zufolge geht etwa jeder Dritte in Deutschland einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach. Die Zahl ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und liegt 2017 bei fast 15 Millionen (Quelle). Keine Frage: Ehrenamtliches Engagement hat hierzulande einen hohen Stellenwert – und das ist natürlich auch gut so.
Der Großteil der Ehrenämter ist sicherlich im Vereinswesen anzusiedeln. Darüber hinaus engagieren sich jedoch auch immer mehr Menschen in Bürgerinitiativen und sozialen Organisationen. Vor allem Letzteres bietet Ihnen viele Möglichkeiten, wenn Sie auf der Suche nach einer Beschäftigung für Ihr soziales Sabbatjahr sind.
<h2>In sozialen Organisationen tätig sein</h2>
Die Liste der sozialen Organisationen in Deutschland ist lang. Wer sich hier gern engagieren will, hat in der Tat die Qual der Wahl. Bevor Sie sich für eine Organisation entscheiden, ist es hilfreich, sich zu fragen, welche Themen Ihnen besonders am Herzen liegen oder in welchen Bereichen Sie den größten Handlungsbedarf sehen.
Möchten Sie vielleicht in der Kinderhilfe aktiv werden oder in einer Organisation für alleinerziehende Mütter tätig sein? Wollen Sie Ihr Engagement für den Tier- und Umweltschutz verstärken oder sich doch lieber auf die Integration von Geflüchteten konzentrieren? Sie können es wahrscheinlich schon erahnen: Die Möglichkeiten des ehrenamtlichen und sozialen Engagements in Deutschland sind facettenreich und die Chancen, etwas Passendes für Sie zu finden, entsprechend groß.
Je nachdem, wie lang Ihr Sabbatjahr dauert, ist es natürlich auch möglich, in unterschiedlichen Organisationen aktiv zu werden und sich und verschiedenen sozialen Bereichen zu engagieren. Bedenken Sie jedoch, dass es nicht der Sinn Ihrer Auszeit sein sollte, von einem Projekt zum nächsten zu hetzen. Beim Social Sabbatical steht Qualität ganz klar über der Quantität.
Tipp: Sie sind noch auf der Suche nach einer passenden Organisation, in der Sie sich sozial engagieren wollen? Diese Liste aller Organisationen mit einem Spenden-Siegel kann Ihnen als umfangreiche Inspirationsquelle dienen.
Freiwilligenarbeit im Inland
Eine andere Form des sozialen Engagements ist die Freiwilligenarbeit, die sowohl in Deutschland als auch in allen anderen Teilen der Welt geleistet werden kann. Zunächst wollen wir Ihnen die inländischen Möglichkeiten aufzeigen, die vielfältiger sind, als die meisten vermuten.
Klassische Formen der Freiwilligenarbeit in Deutschland sind:
- Freiwilliges Ökologisches Jahr
- Freiwilliges Soziales Jahr
- Bundesfreiwilligendienst („Bufdie“)
Diese drei Ausprägungen der Freiwilligenarbeit bieten Ihnen die Möglichkeit, in teils völlig neue Bereiche hineinzuschnuppern und Erfahrungen zu sammeln, die Ihnen unter Umständen auch im Berufsleben dienen können.
Denkbar ist auch, sich einem Projekt Ihrer Wahl anzuschließen und dieses mit Ihrer persönlichen Fachexpertise zu unterstützen. Fast alle Organisationen und Projekte sind ständig auf der Suche nach Experten für die Bereiche Marketing, IT, Kommunikation, Controlling, Vertrieb, Organisation u.v.m.
Neben diesen mehr oder weniger theoretischen Fähigkeiten ist außerdem auch immer handwerkliches Know-How gefragt. Wenn Sie beispielsweise Erfahrung in der Holzverarbeitung haben, einen Wohnkomplex mit Strom versorgen oder ein Dach decken können, sind das beste Voraussetzungen für ein soziales Sabbatjahr.
Freiwilligenarbeit im Ausland
Ihr fachliches Know-How ist jedoch nicht nur im Rahmen inländischer Projekte sehr gefragt. Wer sein soziales Engagement gern mit einer längeren Reise kombinieren will, kann seine Freiwilligenarbeit auch im Ausland anbieten. In allen Ländern der Welt – vorrangig aber in den Entwicklungsländern – gibt es unzählige Projekte, die stets auf der Suche nach Unterstützern sind.
Auch auf internationaler Ebene gibt es natürlich wieder unzählige Angebote, die sich teils stark voneinander unterscheiden. Mögliche Einsatzgebiete sind unter anderem:
- Sprachunterricht
- Entwicklungshilfe
- Tierschutz
- Umweltschutz
- Arbeit mit Kindern, Jugendlichen
- integrative Arbeit mit Behinderten
Wie bereits angerissen, ist Freiwilligenarbeit im Ausland – auch Volunteering genannt – die ideale Möglichkeit, um soziales Engagement mit dem Reisen zu kombinieren. Als freiwilliger Helfer haben Sie nicht nur die Möglichkeit, soziale Projekte zu unterstützen, sondern auch, fremde Länder kennenzulernen und internationale Kontakte zu knüpfen.
Viele Projekte sind dafür bekannt, dass neue Helfer innerhalb kürzester Zeit zu „Familienmitgliedern“ werden. Nach getaner Arbeit gehen die Volunteers gern auf Entdeckungstour. Auch gemeinsame Koch- und Spieleabende tragen beispielsweise maßgeblich dazu bei, dass die Freiwilligenarbeit im Ausland zu einer unvergesslichen Zeit wird.
Der Unterschied zwischen Freiwilligenarbeit und Work & Travel
Viele, die während ihres Auslandsaufenthaltes nicht nur umherreisen wollen, sondern auch auf der Suche nach einer sinnstiftenden Aufgabe sind, geraten früher oder später an den Begriff Work & Travel. Diese spezielle Form des Reisens muss jedoch klar vom Volunteering abgegrenzt werden, da es Ihnen die Möglichkeit bietet, Geld zu verdienen.
Freiwilligenarbeit – wozu beispielsweise auch das WWOOFing gezählt werden kann – ist hingegen immer unentgeltlich. Als Gegenleistung erhalten Sie beispielsweise einen kostenlosen Schlafplatz und Essen. Auch zusätzliche Extras – beispielsweise die Nutzung eines Fortbewegungsmittels oder WLAN – werden im Rahmen einiger Projekte angeboten, sollten aber nie als Selbstverständlichkeit betrachtet werden.
Soziales Engagement als Aufwertung im Lebenslauf
Egal ob Freiwilligenarbeit im Ausland oder Ehrenamt in Deutschland – soziales Engagement im Rahmen einer beruflichen Auszeit zahlt sich immer aus. Immerhin handelt es sich hierbei um eine hervorragende Ergänzung in Ihrem Lebenslauf, die Ihrer Karriere das gewisse Etwas verleiht. Außerdem macht Ihr soziales Engagement deutlich, dass Sie
- nicht nur an sich selbst, sondern auch an andere denken
- höchstwahrscheinlich eine ausgezeichnete Teamfähigkeit mitbringen
- in der Lage sind, über den Tellerrand zu schauen
- Ihre Fähigkeiten für einen guten Zweck unentgeltlich anbieten
In Zeiten, in denen gute Abschlussnoten allein nicht mehr ausreichen, um einen potentiellen Arbeitgeber zu überzeugen, kann sich das Social Sabbatical durchaus als Ass im Ärmel entpuppen und Ihnen den gewünschten beruflichen Erfolg bescheren. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass soziale Sabbatjahr niemals als verschenkte Zeit oder Karriere-Bremse zu betrachten. In Wirklichkeit ist es das komplette Gegenteil.
Diese Argumente sprechen für ein soziales Sabbatjahr
Doch nicht nur die Aufwertung des Lebenslauf spricht klar für das Social Sabbatical. Es gibt eine Reihe weiterer Argumente, die für das soziale Engagement sprechen und Ihnen hoffentlich dabei helfen, eine Entscheidung zu treffen.
- Sie erweitern Ihren Horizont: Wir alle leben in mehr oder weniger statischen Filterblasen, die uns Tag für Tag mir den gleichen Inhalten konfrontieren. Indem Sie sich sozial engagieren und sich für völlig neue Themen- und/oder Aufgabengebiete öffnen, erweitern Sie automatisch Ihren Horizont und brechen aus der Filterblase aus.
- Sie sammeln Erfahrungen: Wenn Ihr Arbeitsalltag vorrangig im Büro stattfindet und Sie im Zuge Ihres Social Sabbaticals plötzlich lernen, eine Schule zu renovieren, können Sie sich ziemlich sicher sein, dass Sie hierbei wertvolle Erfahrungen sammeln, die Ihnen auch aus beruflicher Sicht viel bringen.
- Sie stellen sich schwierigen Herausforderungen: Ein soziales Sabbatjahr ist nicht immer „Friede, Freude, Eierkuchen“. Nicht selten werden Sie mit Herausforderungen unterschiedlichster Art konfrontiert und müssen lernen, damit umzugehen. Im Laufe der Zeit werden Sie merken, dass es Ihnen immer leichter fällt und Sie an jeder Situation mehr und mehr wachsen.
- Sie knüpfen spannende Kontakte: Gerade im Ausland, aber natürlich auch im Zuge nationaler Projekte, werden Sie viele verschiedene Menschen kennenlernen. Die meisten Begegnungen sind nur flüchtig, doch aus einigen entstehen mit großer Wahrscheinlichkeit intensive Bekanntschaften oder sogar Freundschaften, die über die Zeit Ihres Sabbatjahres hinaus bestehen bleiben.
- Sie nutzen Ihre (freie) Zeit sinnvoll: Natürlich ist es auch sinnvoll, auf Reisen zu gehen, ein Haus zu bauen oder sich um einen Angehörigen zu kümmern. Doch gerade, wenn Sie das Gefühl haben, dass es Ihnen selbst überdurchschnittlich gut geht, kann es extrem befreiend sein, etwas zurückzugeben – in welcher Form auch immer.
- Sie sehen die Welt mit anderen Augen: Ehrenamtliches Engagement und Freiwilligenarbeit in all ihren Facetten bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihren herkömmlichen Blickwinkel gegen einen völlig neuen einzutauschen – und die Welt somit mit anderen Augen zu betrachten. Erkenntnisse, Inspiration und neue Denkweisen sind Ihnen dadurch garantiert.
Das soziale Sabbatjahr ist für immer mehr Menschen, die sich eine berufliche Auszeit gönnen, eine spannende Alternative zu herkömmlichen Plänen und Aktivitäten. Das Interesse am ehrenamtlichen und sozialen Engagement ist ungebrochen und bietet Ihnen unzählige Möglichkeiten. Ergreifen Sie sie.
Ein Freund ist Dachdecker. Mit Arbeit ist er aber so gut versorgt, dass er sich ein freies Jahr nicht leisten kann. Als Dachdecker muss man sich doch in anderen Ländern nicht umsonst durchschlagen. Handwerk ist überall gefragt.
Mein Neffe interessiert sich für ein soziales Sabbatjahr. Ich werde diesen Artikel mit ihm teilen, vielleicht wird er ihn zum Denken bringen. Ich kann mir vorstellen, dass er sich für Bundesfreiwilligendienst interessieren könnte.
Durch Corona war das Freiwilligenjahr im Ausland leider schwer möglich. Langsam wird es besser, auch wenn natürlich immer noch viele Auflagen erfüllt werden müssen. Gerade für junge Menschen ist die Erfahrung sehr wichtig. Ich hoffe, dass die Pandemie bald ein Ende nimmt oder zumindest so weit im Griff ist, dass wieder vermehrt Sabbaticals im Ausland möglich sind.